Das Pferd ist ein Fluchttier. Kaum auf der Welt positioniert es sich in Brustlage, um nach wenigen Stunden stehen, gehen und flüchten zu können. Seine Herzaktion passt sich sofort diesen Anforderungen an. Es ist der geborene Athlet und kann sich hohen sportlichen Anforderungen anpassen.
Beim erwachsenen Equiden ist die Herzfrequenz in Ruhe tief, bei nur 36 Schlägen pro Minute, und kann in Extremsituationen mit maximaler Anstrengung innert weniger Minuten auf 240 Schläge pro Minute steigen. Nach der Belastung sinkt die Frequenz eindrucksvoll schnell und liegt nach den ersten zwei Minuten nur noch ca. doppelt so hoch wie in Ruhe.
Bei unbefriedigender Leistung oder schlechter Leistungsbereitschaft sowie im Anschluss an eine schwere Krankheit kann der Herz-Kreislauf-Apparat mittels EKG oder Ultraschall genauer untersucht werden.
Ein Elektrokardiogramm (EKG) zeichnet die elektrische Ausbreitung im Herzmuskel auf. Diese stellt sich in charakteristischen Wellen und Zacken dar. Wir erkennen den Rhythmusgeber und zählen die Frequenz.
Beim Pferd sammeln wir gerne zusätzliche Informationen während der Belastung an der Longe oder unter dem Sattel (telemetrische Aufzeichnung).
Installation einer telemetrischen Überwachung, bei der ein EKG direkt aufgezeichnet wird, während dessen sich das Pferd bewegt, longiert oder geritten wird.
Beispiel eines Pferdes mit unregelmässigen Herzschlägen: 25 mm/sec, 10 mm/mV
Die Ultraschalluntersuchung (Echokardiografie) kann beim Pferd im Stall durchgeführt werden. Dabei wird das Herz „sichtbar und beweglich“ dargestellt. Die einzelnen Strukturen des Herzens, wie die Herzklappen und der Herzmuskel, sowie auch deren Funktionen sind beurteilbar.
Weiterführende Untersuchung mit dem Ultraschall (im Stall durchgeführt). Dabei werden die Herzklappen, der Herzmuskel und deren Funktionen genauer analysiert.
Das Pferd zeigt in Ruhe physiologischerweise Arrhythmien.
50mm/s, 30mm/mV
Das sind Sino-Atriale oder Atrio-Ventikuläre Blöcke, welche den Rhythmus als unregelmässig erscheinen lassen. Diese Arrhythmie weicht bei der Bewegung oder Aufregung dem normalen Sinus-Rhythmus.
Im Gegensatz dazu ist das Vorhofflimmern eine pathologische Arrhythmie. Diese Rhythmusstörung bleibt sowohl in Ruhe, als auch in der Bewegung bestehen.
Ein Vorhofflimmern kann entstehen, wenn eine zugrundeliegende Erkrankung des Herzmuskels oder der Herzklappen vorausgeht. Häufiger aber tritt das Vorhofflimmern unerwartet auf, beim eigentlich gesunden Pferd (das nennt sich idiopathisches Vorhofflimmern). In Ruhe zeigen die Pferde meist keine Symptome. Erst bei Belastung machen sich die Folgen einer solchen Arrhythmie bemerkbar, mit verlängerter Erholung, Leistungsabfall u.a.m.
In der klinischen Untersuchung wird ein unregelmässiger Puls ertastet. Bei der Herzauskultation fällt eine Arrhythmie ohne Regelmässigkeiten auf, die bei Aufregung nicht verschwindet. Die Herzfrequenz kann normal tief sein.
Bei der Aufnahme des EKGs sind Flimmerwellen (namensgebend) anstelle einer P-Welle erkennbar, zusätzlich zu einer Unregelmässigkeit der RR-Intervalle.
50mm/s, 30mm/mV
Bei der Echokardiographie werden mögliche begleitende Herzerkrankungen erkannt. Diese Untersuchung ist wichtig für die Prognose und Therapie. Die Blutuntersuchung kann subklinische Entzündungen, Infektionen, Elektrolytverschiebung u.a.m aufdecken.
Beim idiopathischen Vorhofflimmern sollte versucht werden den normalen Sinusrhythmus wiederherzustellen oder aber das Pferd nicht mehr zu reiten. Das empfehlen wir, weil das Pferd die Herzfrequenz eventuell nicht der Leistung anpassen kann und weil das Vorhofflimmern in eine schlimmere Arrhythmie (ventrikuläre Tachyarrhythmie) übergehen kann. Diese Situationen können zum kollabieren des Pferdes - und zu schweren Folgen für Reiter und Tier führen.
Es gibt zwei Therapieformen: die medikamentelle Behandlung mit dem Antiarrhythmikum Chinidin oder die transvenösen elektrischen Kardioversion.
Chinidin ist ein Antiarrhythmikum welches wir per Nasenschlundsonde in regelmässigen Abständen dem Patienten eingeben - bis zum Erreichen des Sinus-Rhythmus oder bis die Nebenwirkungen überborden und toxische Erscheinungen auftreten. Dafür wird das EKG permanent aufgezeichnet (telemetrisch übermittelt).
Patient mit eingeführter Nasenschlundsonde zur regelmässigen Gabe des Antiarrhythmikums
Permanente Überwachung des Herzrhythmus während der Therapie mittels telemetrisch übermitteltem EKG
Bei der transvenösen elektrischen Kardioversion werden unter Vollnarkose spezielle Katheter mit Elektroden in das Herz eingeführt und das Herz wird defibrilliert, respektive in den Sinus-Rhythmus überführt. Diese Therapieform wird an speziellen Kliniken angewandt.
Die Erfolgschancen und Prognosen sind abhängig von den unterliegenden Erkrankungen und/oder von der Dauer der Arrhythmie.