Evolutionär konnte das Pferde überleben, weil es die Fähigkeit besitzt, seinen Feinden in Höchstgeschwindigkeit davonzulaufen. Heute ist ein gesundes Atemorgan Voraussetzung für einen erfolgreichen sportlichen Gebrauch. Die oberen Atemwege beginnen bei den Nüstern und führen die eingeatmete Luft zur Lunge, wo der Gasaustausch stattfindet. Die funktionelle Einheit, die Alveolen Fläche, wird beim Pferd auf ca. 2500 m2 geschätzt, was einem Drittel eines Fussballfeldes (Fifa Norm) entspricht. Die Gesundheit der Atemwege ist Voraussetzungen für einen adäquaten Sauerstofftransport zum Ziel-Gewebe, vor allem der Muskulatur, und für das Ausschaffen der angefallenen Abfallprodukte des Metabolismus (z.B CO2) über die Lunge.
Mit der Endoskopie oder der radiologischen Untersuchung können wir in die Atemwege einsehen und Probleme aufdecken –auch unter Belastung (DRS, dynamic respiratory endoscopy).
Weiterführende Untersuchungen, welche wir anbieten sind:
Ruheendoskopie, Endoskopie unter Belastung, TBS (Tracheobronchial-Sekret)-Entnahme, BAL (Broncho-alveoläre Lavage).
Laryngoskopie: Verlagerung des Gaumensegels und rechtsseitige Lähmung des Aryknorpels, aufgenommen während der dynamischen Endoskopie.
Tracheoskopie: Stammbronchien bei der Entnahme von in den Bronchien produziertem Schleim.
Isländer am Inhalieren
Wenn man heute von equinem Asthma spricht, meint man damit eine chronische, allergisch bedingte Erkrankung der Atemwege des Pferdes. Bis vor kurzem geläufiger war der Name COB, die Abkürzung für eine chronisch obstruktive Bronchitis. Man kann sich den Begriff equines Asthma quasi als Überbegriff merken, der die verschiedensten Schweregrade einer obstruktiven Bronchitis zusammenfasst.
Pferde jeder Rasse können an equinem Asthma erkranken. Es besteht eine erbliche Veranlagung. Eine COB kann nicht vollständig geheilt werden und eine gewisse Überempfindlichkeit der Atemwege bleibt zeitlebens bestehen.
Durch die Haltung im Stall ist das einstige Steppentier Pferd sehr vielen Faktoren ausgesetzt, die seine Atemwege reizen. Betroffene Pferde reagieren auf Staub (Heu, Stroh) und Allergene (wie Pollen, Schimmelsporen, Schadgase etc.) mit einer Überempfindlichkeit. Diese zeigt sich z.B durch eine vermehrte Produktion von zähflüssigem Schleim, einer Bronchokonstriktion (d.h. einem Zusammenziehen der Atemwege) und Husten. All diese Symptome führen letztendlich zu einer Schädigung der Atemwege, da die natürlichen Funktionen (Belüftung der Lunge, „Selbstreinigung“ und Heraufbefördern von Schleim) nicht mehr komplett normal ausgeführt werden können.
Die Krankheit kommt meist schleichend. Zu Beginn sind die Symptome mild und für den Besitzer kaum erkennbar. Ein gelegentliches Abhusten beim Losreiten kann leicht ignoriert werden. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung kann es aber zu erheblichen Leistungseinbussen und einer Beeinträchtigung der Atemwegsfunktion, bis hin zur Atemnot kommen.
Meist wird die Krankheit erst dann erkannt, wenn die Pferde krampfartige Hustenanfälle in Kombination mit weisslichem Nasenausfluss zeigen. Im fortgeschrittenen Stadium können equine Asthmatiker die sogenannte Dampfrinne zeigen. Sie kommt dadurch zustande, dass Luft relativ leicht und passiv in die Lunge strömen kann, dann aber unter Anstrengung der Bauchmuskulatur wieder durch die verengten Bronchien ausgeatmet, ja förmlich herausgepresst werden muss. Umso verengter die Bronchien, desto mehr Muskelarbeit muss geleistet werden. Des Weiteren fallen eine erhöhte Atemfrequenz (normal 8-16 Atemzüge pro Minute) und geblähte Nüstern auf.
Anhand der Krankengeschichte und der Symptomatik der Pferde kann eine Verdachtsdiagnose Equines Asthma gestellt werden. Für die definitive
Diagnose ist eine Bronchoskopie (Spiegelung der Atemwege) mit einer Probenentnahme des Schleimes nötig. Dieser Schleim, das sogenannte
Tracheobronchialsekret (TBS), wird unter dem Mikroskop untersucht. Des Weiteren kann eine bronchoalveoläre Lavage (BAL), eine sogenannte
Lungenspülprobe durchgeführt werden. In schlimmen Fällen empfiehlt sich das Röntgen der Lunge und die Bestimmung der Blutgase.
Die Behandlung beinhaltet in erster Linie eine Optimierung der Umgebung des Pferdes. Das Pferd soll so staubfrei wie möglich gehalten werden
(Auslaufboxe, Freilaufstall, viel Weidegang). Bei Stallarbeiten bei denen viel Staub aufgewirbelt wird (z.B Kehren der Stallgasse), sollten betroffene
Pferde ins Freie gestellt werden. Anstelle von Heu kann bedampftes Heu, Haylage oder Silage gefüttert werden. Anstelle von Stroh sollen Pferde auf
entstaubten Hobelspänen stehen. Bei einem hochgradig erkankten Pferd kann die einzelne Umstellung nicht mehr ausreichend sein, da bereits
wenig Staub ausreicht um die Atemwege wieder massiv zu reizen. In diesen Fällen muss der gesamte Stall auf möglichst staubfrei und
„lungenfreundlich“ umgestellt werden. Die Behandlung wird in jedem Fall individuell dem einzelnen Patienten angepasst und kann vom Verfüttern von Schleimlösern, über eine Inhalationstherapie bis hin zur Cortisongabe reichen. Eine medikamentöse Behandlung hilft die Symptome zu
bekämpfen. Sie ersetzt dabei aber nie die notwendigen Haltungs- und Fütterungsumstellungen.
Nur durch das Vermeiden der allergieauslösenden Faktoren kann ein equines Asthma längerfristig wirkungsvoll behandelt werden. Ein optimal gemanagter Asthmatiker kann aber durchaus weiterhin geritten und im Sport, wenn auch zeitweise eingeschränkt, eingesetzt werden. Nutzung und Bewegung richten sich stets nach der momentanen Ausprägung dieser chronischen Erkrankung.
Nasenbluten
Die Luftsackmykose beim Pferd ist ein Pilzbefall der Luftsäcke, welcher zu Nasenbluten und Schluckbeschwerden führen kann.
Die Ohrtrompete ist eine Verbindung vom Mittelohr zum Rachenraum und dient dem Druckausgleich. Bei den Equiden hat diese Verbindung zusätzlich eine luftgefüllte Aussackung, den sogenannten Luftsack. Dieser ist paarig angelegt (jedes Pferd besitzt einen linken und einen rechten Luftsack) und steht über eine Klappe mit dem Rachenraum in Verbindung. Welche Funktion der Luftsack erfüllt, ist bisher noch ungeklärt. Im Luftsack verlaufen viele wichtige grosse Blutgefässe und Nerven, sowie ein Anteil des Zungenbeines.
Schimmelpilze, die natürlicherweise überall in der Umgebung vorkommen (Boden, Heu, Stroh etc.), können den Luftsack befallen, was als Luftsackmykose bezeichnet wird. Im Luftsack siedeln sich die Pilze bevorzugt im Bereich von Blutgefässen an, bilden Beläge und schädigen die Schleimhaut sowie darunterliegende Strukturen. Durch eine solche Schädigung der Gefässwände werden die Blutgefässe undicht. Das austretende Blut läuft über die Luftsackklappe in den Rachen und von dort durch die Nasengänge nach aussen - das Pferd hat Nasenbluten. Initial blutet es meist nur wenig und hört von alleine wieder auf. Ist das Leck im Gefäss jedoch zu gross, kann der Körper die Blutung nicht stoppen, was im Extremfall sogar zum Verbluten führen kann.
Siedelt sich der Pilz hingegen im Bereich der Nerven an, zeigen die Pferde kein Nasenbluten, sondern neurologische Ausfälle. Der Schluckvorgang kann gestört sein (Dysphagie), was dazu führt, dass ein Teil des Futters nicht korrekt abgeschluckt wird und stattdessen zur Nase herausläuft oder in die Luftröhre gelangt. Des Weiteren ist auch eine halbseitige Lähmung des Kehlkopfes möglich (Hemiplegie), was ein Atemgeräusch verursacht.
Besteht aufgrund oben genannter Symptome der Verdacht auf eine Luftsackmykose, sollte das Pferd endoskopiert werden. Hierfür ist meistens eine Sedation nötig. Das Endoskop wird durch den Nasengang bis zum Rachen vorgeschoben, wo sich die beiden Luftsackklappen befinden. Mit Hilfe eines Führungsdrahtes wird das Endoskop durch die Klappe in den Luftsack gelenkt, der nun beurteilt werden kann.
Gesunder Luftsack
Endoskopieaufnahme des befallenen Luftsacks. Die Pilzauflagerungen sind deutlich sichtbar.
Endoskopieaufnahme des befallenen Luftsacks. Die Pilzauflagerungen sind deutlich sichtbar.
Wundnaht nach Verschluss der Blutgefässe
Wird eine Luftsackmykose diagnostiziert, sollte schnell gehandelt werden. Je länger der Pilz im Luftsack wachsen kann, desto grösser wird das Risiko einer lebensbedrohlichen Blutung oder einer Nervenschädigung. Das Pferd wird an eine Klinik überwiesen. Dort werden unter Vollnarkose die Gefässe, welche durch den Luftsack verlaufen, über einen Zugang im Hals verschlossen (Coil / Ballon). Auf diese Weise kann eine lebensbedrohliche Blutung verhindert und dem Pilz seine Nahrungsgrundlage entzogen werden. Anschliessend wird der Luftsack regelmässig über das Endoskop mit einem Medikament (z.B. Clotrimazol) gegen den Pilz behandelt, bis dieser komplett verschwunden ist.
Die Prognose ist abhängig vom Ausmass und der Lokalisation des Pilzbefalls. Wurde das Pferd aufgrund von Nasenbluten vorgestellt, ist nach der Operation (Verschluss der Blutgefässe) die Gefahr gebannt, da keine tödliche Blutung mehr auftreten kann. Besteht jedoch eine Schädigung der Nerven, ist die Prognose vorsichtiger. In der Regel kann nicht vorausgesagt werden, ob und wann sich die Nerven wieder erholen. Dies kann bis zu 6 Monate dauern und ist leider keinesfalls garantiert. Verursacht die Nervenschädigung Schluckbeschwerden (Dysphagie), ist einerseits die Versorgung des Körpers mit Nahrung limitiert, andererseits gelangt das Futter auch über die Luftröhre in die Lunge und kann eine Lungenentzündung hervorrufen.
Druse - Eiter aus Luftsack
Die Druse ist eine hochansteckende, infektiöse Erkrankung der oberen Atemwege. Die bakteriellen Erreger sind Streptokokken (Streptococcus equi subspezies equi). Diese setzen sich in der Nasenschleimhaut und dem Rachenring fest und drainieren in die lokalen Lymphknoten (Kopf und Hals). Diese Lymphknoten können in der Folge anschwellen und Abszesse bilden.
Junge Pferde sind häufiger betroffen als erwachsene Pferde, da ihr Immunsystem noch keinen Kontakt zum Erreger hatte, jedoch können Pferde jeden Alters betroffen sein.
Druse-Ausbrüche gibt es weltweit. Eigentlich handelt es sich dabei um eine Jugenderkrankung. Frisch von der Mutterstute abgesetzt treffen die Jungtiere auf den Fohlenweiden Tiere unterschiedlicher Herkunft. Aufgrund ihrer erst aufbauenden Immunität und dem Stress in der neuen Herde sind die Jungtiere anfälliger für den Druse Erreger. Hat ein Fohlen die Krankheit einmal durchgemacht, sollte eine jahrelange Immunität aufgebaut sein - und es wird fürs Erste nicht mehr an einer Druse erkranken. Hat das Jungtier die Krankheit nicht durchgemacht, ist es immunologisch naiv bezüglich der Druse – so kann es sich auch als erwachsenes Tier anstecken.
Durch die regionale, nationale und internationale Mobilität der Pferdepopulation (Aufzucht, Sport, Handel) können sich Pferde jederzeit infizieren. Einige Pferde, welche eine Druseinfektion durchgestanden haben, sind noch über Monate Träger des Erregers und können diesen unbemerkt streuen.
Zu Beginn zeigen die Tiere sehr hohes Fieber (bis 40°C), sind apathisch, haben Halsschmerzen, zeigen keinen Appetit und haben vergrösserte Lymphknoten. Kurz darauf folgt seröser bis eitriger Nasenausfluss. Die Abszesse können sich nach aussen hin eröffnen oder nach innen in den Luftsack ergiessen und über die Nasengänge abfliessen. Sobald die Abszesse eröffnet sind, geht es den Tieren wieder deutlich besser. Der Eiter ist hoch ansteckend.
Der Erreger kann unter günstigen Bedingung in der Umwelt bis zu 4 Wochen überleben.
Bild: Eiter aus linkem Luftsack
Meist reichen die klinischen Symptome, um die Diagnose einer Druse zu stellen. Weil sich aber die Symptome von Pferd zu Pferd unterschiedlich zeigen können, sollten kranke Pferde bei Verdacht isoliert werden, um die Krankheitsübertragung zu minimieren. Der Erreger wird mit einer Probe isoliert und die Diagnose so gesichert (Eiter, Rachenspülprobe, Luftsackspülprobe).
Leider sind falsch negative Resultate möglich, das heisst, dass der Erreger fälschlicherweise nicht nachgewiesen werden kann.
Bild: gesunder Luftsack
Bild: Endoskopieaufnahme eines vergrösserten Lymphknotens, welcher sich in den Luftsack vorwölbt
Bild: Endoskopieaufnahme von Chondroiten (Eitersteinen) im Luftsack
Bild: Chondroit (Eiterstein) im Luftsack
Die Ausscheidung des Erregers beginnt 2-3 Tage nach Auftreten des Fiebers und dauert bis zur Ausbildung einer guten Immunität. Auch Tiere mit milder Symptomatik oder sogar ohne klinische Symptome können Träger sein bis 6 Wochen nach der Infektion - oder auch über Monate Ausscheider bleiben. Fairerweise sollten also alle Tiere nach einer durchgemachten Druse getestet werden. Das Bakterium überlebt unter günstigen Bedingungen in der Umgebung bis zu 4 Wochen.
Bei "Stillen" Druseträgern kann es nach überstandener Druseinfektion zu bleibenden Eitersteinen (Chondroiten) im Luftsack kommen, welche dem Träger meist keine Probleme bereiten jedoch dauerhaft infektiös bleiben, wodurch es zur Ansteckung weiterer Pferde kommen kann.
Die Antibiotikatherapie beeinflusst den normalen Verlauf der Druse drastisch und ist nur in sehr wenigen Fällen angezeigt. Die Lymphknoten-Abszesse reifen und eröffnen sich meistens von selbst. In wenigen Fällen muss nachgeholfen werden. Entzündungshemmer können, individuell dosiert und eingesetzt, die Beschwerden des Pferdes reduzieren, obwohl diese die Abszessreifung behindern. Absolute Stallruhe muss eingehalten werden, bis das Tier längere Zeit fieberfrei gewesen ist. Einerseits um ein Streuen der Erreger zu verhindern, andererseits brauchen die Tiere diese Zeit zur Genesung. Natürlicherweise kann das Immunsystem mit Echinacea (roter Sonnenhut) gestärkt werden.
Bei Druse besteht keine behördliche Meldepflicht und keine behördliche Quarantänevorgabe. Um eine Verbreitung zu vermeiden und den Ausbruch innerhalb eines Stalls möglichst schnell zu beenden sind eine enge Zusammenarbeit mit einem Tierarzt und freiwillige Quarantäne- und Hygienemassnahmen jedoch dringend empfohlen.
Hygienemassnahmen müssen aufgestellt und eingehalten werden. Infizierte Tiere aber auch verdächtige Tiere sollten isoliert werden. Der Pferdeverkehr zum und vom betroffenen Betrieb sollte gestoppt werden. Negative Spülproben im Abstand von je einer Woche (aus dem Luftsack, Rachenring) bestätigen die vollkommene Heilung. Erst dann sollte ein erneuter Kontakt mit anderen Pferden erfolgen.
Ein Impfstoff mit langanhaltender Wirkung wäre natürlich sehr erwünscht, um einen Herdenschutz aufzubauen und Ausbrüche einzudämmen. Aktuell gibt es einen Impfstoff (Lebendvakzine), welcher jedoch in der Schweiz (noch) nicht zugelassen ist. Dieser verfügbare Impfstoff kann jedoch nur die Symptome abschwächen und ist nicht in der Lage die Infektion zu unterdrücken.
Es gibt keine zeitlich definierte Quarantäne um ein Pferd als frei von Druse definieren zu können. Pferde können die Bakterien auch über lange Zeit tragen und ausscheiden, ohne selber krank zu sein oder zu werden. Im Zweifelsfall muss ein Pferd solange isoliert bleiben, bis 3 negative Proben das Pferd als frei von Druse bezeichnen.
Wenn möglich sollten neu eingestallte Tiere für 3 Wochen isoliert und gescreent werden (wöchentlich wiederholte nasopharyngeale Proben).
Literatur:
Pferdekrankheiten, innere Medizin von V.Gerber, R.Straub, 2.Auflage, 2016, Haupt
Current Therapy in Equine Medicine 5 von N.Edward Robinson, 2003, Saunders
Consensus statement ACVIM, Streptococcus equi Infections in Horses: Guidelines for Treatment,
Control, and Prevention of Strangles, 2005, JVIM
Equinella, das Melde‐ und Überwachungssystems für Pferdekrankheiten in der Schweiz, informiert aktuell über neue Erkenntnisse zur Krankheit. Hier finden sich auch Merkblätter für Pferdebesitzer und Stallbesitzer:
Equinella